Fast jeder fünfte Krankenhaus-Aufenthalt von jungen Menschen psychisch bedingt

Psychische Erkrankungen sind der häufigste Grund, aus dem junge Menschen ins Krankenhaus eingeliefert werden. Das hat das Statistische Bundesamt mitgeteilt. Die Pandemie hat zusätzliche Behandlungen verhindert.

shutterstock/ S. Mikulski
Symbolbild

Die Zahl der jungen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren, die ins Krankenhaus kamen, ist von 2019 auf 2020 zurückgegangen. Und zwar um 13 Prozent. Aber das ist keine gute Nachricht.

Der Rückgang entspräche dem allgemeinen Rückgang von klinischen Behandlungen im Jahr 2020, erklärt das Statistische Bundesamt. Um die Gesundheit der Menschen vor dem Corona-Virus zu schützen, wurden Krankheiten wie Krebs, Infarkte oder eben psychische Probleme weniger häufig behandelt. Trotz der höheren Hürden, ins Krankenhaus zu gehen. Trotz der widrigen Umstände in der Behandlung – etwa die stark eingeschränkte Möglichkeit, Besuch zu erhalten – ist der Anteil der jungen Menschen gestiegen, die eine psychische Erkrankung stationär behandeln lassen mussten. In insgesamt 829.400 Fällen mussten demnach junge Menschen 2020 ins Krankenhaus. Dabei waren psychische Krankheiten 147.000 Mal der Anlass. Das entspricht einem Anteil von 18 Prozent. Wegen keiner anderen Erkrankung sind im ersten Corona-Jahr so viele junge Menschen ins Krankenhaus gekommen. Im langfristigen Vergleich über 15 Jahre ist laut Statistischem Bundesamt der Anteil psychischer Erkrankungen als Anlass für einen Krankenhaus-Aufenthalt von 12 auf 18 Prozent gestiegen.

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Schwangerschaften waren 2020 der zweithäufigste Grund, aus dem Menschen zwischen 15 und 24 Jahren im Krankenhaus behandelt wurden. Dazu zählen neben der Geburt selbst auch Komplikationen während der Schwangerschaft oder die Zeit im Wochenbett. In 14,7 Prozent der Fälle war dieses Feld der Grund für eine Behandlung im Krankenhaus. Mit 19,8 Prozent war das Thema Geburt vor 15 Jahren noch der häufigste Grund, aus dem junge Menschen in der Klinik bleiben mussten. Auf Platz drei lagen 2020 Verletzungen und Vergiftungen mit 14,4 Prozent und Krankheiten des Verdauungssystems mit 9,8 Prozent.

Die Zahl psychischer Erkrankungen, die in der Klinik stationär behandelt werden müssen, nimmt schon seit Jahren zu, teilt das Statistische Bundesamt mit. Vor 15 Jahren waren es noch 135.100 Fälle. Den stärksten Anteil an den psychischen Erkrankungen hat die Depression. Sie war 2020 in 23.200 Fällen der Grund für die stationäre Behandlung. Auf Platz zwei folgen mit 19.300 Fällen Erkrankungen im Zusammenhang mit Alkoholsucht. Diese werden laut Amt wiederum häufig von „depressiven Episoden“ begleitet, die dann wiederum den dritthäufigsten Grund für Aufenthalte in Kliniken liefern.

Die NAKO-Gesundheitsstudie hat den Druck bestätigt, den die Pandemie auf die Psyche auswirkt. „Die NAKO ist die einzige deutschland-weite Kohortenstudie, in der aktuelle Daten zur Gesundheit in der Bevölkerung in Deutschland unmittelbar vor und zu Beginn der Pandemie vorliegen“, sagt Professor Annette Peters, die Direktorin des Instituts für Epidemiologie am Helmholtz Zentrum München. Teilgenommen hätten 2020 rund 200.000 Menschen.

Das Ergebnis: „Homeoffice und Homeschooling, Einschränkungen im Wirtschaftsleben und bei privaten Kontakten: Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und die ersten landesweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 haben vor allem junge bis mittelalte Menschen psychisch belastet“, wie das Bundesforschungsministerium mitteilt. Die Ängste stiegen bis hin zur psychischen Belastung, obwohl sich etwa ein Drittel der Teilnehmer tatsächlich gesundheitlich besser fühlte als vor der Pandemie.

Die Mediclin Seepark-Klinik bei Uelzen beschreibt auf ihrer Internetseite, wie sich Corona auf die Psyche junger Menschen auswirken kann: Demnach seien Betroffene gestresst und erlebten Ängste. Das führe zu Unlust, etwa an der Schule oder an Hobbys, aber auch an sozialen Kontakten. Übergewicht, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit seien häufige Begleiterscheinungen bei jungen Patienten. Als Gründe dafür führt die Klinik den Verlust von sozialen Kontakten an und das Wegfallen von Tagesroutinen. Die jungen Menschen würden keine Erfolge mehr erleben, stattdessen Medien konsumieren und sich vor der Zukunft fürchten. Zur Therapie gehöre es, wieder aktiver zu werden und so das seelische Gleichgewicht zu stabilisieren.


Sollten Sie das Gefühl haben, dass Sie Hilfe benötigen, kontaktieren Sie unbedingt die Telefonseelsorge. Unter der kostenfreien Rufnummer 0800-1110111 oder 0800-1110222 bekommen Sie Hilfe von Beratern, die Ihnen Hilfe bei den nächsten Schritten anbieten können. Hilfsangebote gibt es außerdem bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe und der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention. Im Netz gibt es – Beispielsweise bei der Stiftung Deutsche Depressionshilfe – auch ein Forum, in dem sich Betroffene austauschen können.

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Kommentare ( 32 )

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Entenhuegel
1 Jahr her

In solch einem Irrenhaus kann man (fast) nicht mehr anders, als selbst irre zu werden …

Ralf Poehling
1 Jahr her

Zitat:“Demnach seien Betroffene gestresst und erlebten Ängste. Das führe zu Unlust, etwa an der Schule oder an Hobbys, aber auch an sozialen Kontakten. Übergewicht, Kopfschmerzen und Schlaflosigkeit seien häufige Begleiterscheinungen bei jungen Patienten. Als Gründe dafür führt die Klinik den Verlust von sozialen Kontakten an und das Wegfallen von Tagesroutinen.“ Kein Wunder. Die Menschen wegzusperren, sie ihrer sozialen Kontakte zu berauben und sie fast den ganzen Tag zur Passivität zu verdonnern, führt zum „einrosten“. Wie heißt es so treffend? „Wer rastet, der rostet!“. Und wer rostet, der wird nicht nur körperlich, sondern auch vom Kopf her krank, denn nur „In… Mehr

Fieselsteinchen
1 Jahr her

Die Kinder und Jugendlichen sind ein Spiegelbild der Gesellschaft. Wer hat sich die vergangenen 2,5 Jahre (und davor!) für deren Nöte interessiert? Lehrer? Die allerallerwenigsten! Die übergroße Mehrheit hat die Lockdowns „genossen“, um mehr Zeit für Garten oder Hausrenovierung zu haben. Sie haben Denunziationen und Zwangstesten gefördert, Kinder als Großelternmörder dargestellt. Mitmenschlichkeit, Kinderfreundlichkeit, Interessenwahrung der Heranwachsenden, Bildungsvermittlung als Zukunftsperspektive – Fehlanzeige, bis heute! Mit welchen Lehrerpersönlichkeiten es man zu tun hatte, stand im Vorfeld bei wenigen zu vermuten, aber das große Outen fand seit 2020 statt. Nicht nur in der Politik oder im ÖRR muss der Besen eingesetzt werden sondern… Mehr

Ante
1 Jahr her

Niemand muss sich darüber wundern, schließlich sind die Vertreter der Generation „Schneeflocke“ die erkorenen Opfer. Niemand wird als Opfer geboren, aber zum Opfer gemacht. Erziehung spielt dabei die entscheidende Rolle. Die BRD-Bevölkerung ist nicht in der Lage, sich zu verteidigen. Diese Jugend ist weder moralisch gefestigt noch wehrhaft. Und dann lässt dieser Staat Millionen brutaler gewaltaffiner junger Männer ins Land, die nichts anderes als strukturelle Gewalt kennen. Wie soll das enden?

Wilhelm Roepke
1 Jahr her

Wundert mich gar nicht. Ich muss ja selbst schon aufpassen, dass mich die politischen Kommentare meiner Kollegen, das Fernsehprogramm, die Regierungspolitik, die EZB, das Verhalten meiner Mitbürger in der freien Natur und die Bedienungsanleitungen neuer Erwerbungen mich nicht psychisch krank machen.
Am besten klappt es bei mir noch an der Nordsee: Füße ins Wasser, Augen zu, Hören was zu hören ist und das Ganze am besten weit weg von allen anderen Leuten…

Stormaner
1 Jahr her

Familienpolitik in Deutschland bedeutet, dass alles dafür getan wird, dass Kinder möglichst wenig Zeit mit ihren Eltern verbringen und nach Möglichkeit bereits kurz nach ihrer Geburt in den Einflussbereich staatlicher Institutionen kommen. Der kinderlose Olaf Scholz nannte dies einmal die Lufthoheit über den Kinderbetten erlangen. Diese frühkindliche Entfernung von den natürlichen Bezugspersonen kann nicht nur großen Stress und Traumata bewirken, sie wird auch von den staatlichen Institutionen zur Indoktrination mit diversen verunsichernden Themen wie Klimakatastrophen, sexuelle Vielfalt etc. genutzt, kurzum eine behütete sorglose Kindheit wird immer seltener. Die beruflich gestressten Eltern kompensieren ihre Schuldgefühle dann damit, dass sie den Kindern… Mehr

Martin Bayer
1 Jahr her

Nicht nur Kinder leiden , sondern auch ich !
Ich war 30 Jahre vom Alkohol weg und habe keine Tabletten mehr genommen , aber mit dieser kranken, durchgeknallten Regierung bin ich wieder jeden Tag auf Alkohol + Beruhigungsmittel

MeHere
1 Jahr her

Das größte Problem der Jugend ist Sucht und Drogen … Canabis ist heute 20mal stärker als vor 20 Jahren und damals hat es den Menschen schon das Hirn weggefressen …
Die Pandemie, oder das was dazu erklärt wurde um Milliarden zu scheffeln und das mit getürkten Studien zu fördern ist Nebensache.
Das organisierte verbrechen besteht darin Menschen in das Unglück zu stoßen, um sich selbst zu bereichern … es ist deutlich sichtbar in der Politik angekommen.

anita b.
1 Jahr her

Es ist nicht corona, es sind nicht die massnahmen zur Bekämpfung und es hat auch nichts mit Klimaanlage zu tun. Es ist die uneingeschränkte Nutzung der digitalen Geräte, wie Smartphone, Tablets, PC. Due meisten Kids sind letzten Endes süchtig, wobei die Befriedigung der Sucht ihnen kein gutes Gefühl vermittelt. Jeder, der Kinder hat weiss es. Wenn das Wlan einen Tag nicht verfügbar ist, werden aus Monstern nette Menschen.
Ich glaube, die Digitalisierung wird alle ins Verderben führen.

Fieselsteinchen
1 Jahr her
Antworten an  anita b.

Nicht so ausschließlich denke ich. Der geförderte unverantwortliche Umgang fand während des sog. Onlineunterrichts statt, der sich bereits im Frühjahr 2020, zumindest in Deutschland, als unprofessionell und daher sinnlos herausgestellt hat. Für viele Lehrer (GEW) diente es der Ausgestaltung ihrer Work-Life-Balance. Schüler, die Präsenzunterricht forderten, kamen bei den Kultusministerien nicht durch. Auch damals war schon der Vergleich mit Schweden, später dann Schweiz, USA möglich. Man wollte nicht! Ruhe war oberstes Gebot. Und das für viele Eltern, die selbst online arbeiten mussten, ebenfalls. Womit hat man die Kinder ruhig gestellt? Alles klar. Hinzu kamen: Schließungen von Schwimmbädern, Spielplätzen, Musikschulen (online!), Sportvereinen,… Mehr

flo
1 Jahr her

„Homeoffice und Homeschooling, Einschränkungen im Wirtschaftsleben und bei privaten Kontakten: Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und die ersten landesweiten Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 haben vor allem junge bis mittelalte Menschen psychisch belastet“.  – Vielleicht auch eher unabhängig von Corona die gesamte gesellschaftliche Situation ohne „Leitkultur“ und mit merkwürdigem „Zeitgeist“, der die bunte Gesellschaft „transformieren“ will . Man weiß nicht mehr, ob man Männchen oder Weibchen ist/sein soll. Der Wirtschaft geht es in vielen Sektoren nicht gut, was die Jobchancen mindert und die Frage erschwert, welchen Beruf man ergreifen könnte, so man nicht wie Emilia Fester „Politikerin“… Mehr